Zwischen 11/2011 und 11/2014 habe ich bei HEULER – DAS STUDIERENDENMAGAZIN der Universität Rostock 33 Film-Essays in einer Versus-Reihe veröffentlicht. Darin habe ich sich ähnelnde Spielfilme, Serien oder auch andere Film-Phänomene einander gegenübergestellt. Die Beiträge sind hier in chronologischer Reihenfolge verfügbar. Allen Interessierten viel Spaß bei der Lektüre – und beim Entdecken neuer Filme oder neuer Sichtweisen auf bereits bekannte Filme.
Paris – Je T’Aime VS. New York – I Love You: Unter Reisenden: Es war einmal … Da machten sich zwei Rostocker Studierende auf in die weite Welt. Henriette Pulpitz ging für längere Zeit nach Paris – Clemens Langer genoss einen Urlaub in New York. Zwei Filme erzählen von diesen Städten – sprechen aber auch die Städte durch die Filme? Zwei Leute. Zwei Erfahrungen. Zwei Blickwinkel. Unter Filmfreunden: Es war einmal … Da schlich sich in eine Unterhaltung zwischen Prof. Roland Rau und Clemens Langer die Frage ein, wie beide »Apocalypse Now« (USA 1979) deuten. Einer kannte den Film schon, der andere noch nicht. Interpretatives Konfliktpotenzial inbegriffen? Schriftlich, aber ohne Napalm als Tinte, hier nun zwei Sichtweisen. »Keine Kunst erreicht unser Gewissen in der Art und dringt zu unseren in den tiefen und dunklen Ecken unserer Seele liegenden Emotionen vor, wie der Film.« Ingmar Bergmans Worte fassen die Wirkung, aber auch die Faszination am Film hervorragend zusammen. Der Film lebt von der Fiktion und Vorstellungskraft der Zuschauer. Ein letzter Blick auf den Film. Der metaphorische Spielraum der Science Fiction lässt dieses Genre vielleicht besser als jedes andere zu einem Mittel werden, um auf Missstände hinzuweisen. Das Nonplusultra ist es aber noch lange nicht. Abseits davon lässt sich sogar erstklassige Action mit inhaltlicher Substanz und reflexiver Kritik finden. »Rambo« und »Star Trek« im Fadenkreuz. Die von Hollywood instrumentalisierte San Diego Comic Convention präsentierte dieses Jahr eine unerwartete Bombe, als angekündigt wurde, dass sich in der Fortsetzung von »Man Of Steel« (USA 2013) erstmals Superman und Batman im Kino begegnen werden. Ist das ein genialer Schachzug vom Studio, um vielen Problemen vorzubeugen, vor denen man stand? Trilogien sind für Hollywood traumhaft. Der finanzielle Aufwand bleibt über drei Teile hinweg berechenbar, während die Reihe und das Abenteuer einen Abschluss finden. Fortsetzungen sind dennoch nicht ausgeschlossen. Eine Trilogie ist aber nicht immer von Anfang an geplant – häufig ergibt sie sich erst nach dem ersten Teil. Das wirft Probleme auf. Hollywoods Regeln: Blockbuster brillieren zum Beispiel häufig durch die klischeehafte und nach gleichem Schema ablaufende Zeichnung von Charakteren und Stories. Neben den gängigen Regeln scheint es aber auch eine unscheinbare und geradezu kuriose Regel zu geben, bei der man sich fragt, wie sie entstanden ist und wer da die Strippen zieht. Zwei Welten prallen aufeinander. In der einen ist es stets Nacht und wenn die Menschen wieder aus dem Schlaf erwachen, sind sie nicht mehr, wer sie vorher waren. In der anderen erscheint alles normal, aber die Lebenswege sind vorherbestimmt. Der Zusammenprall zeigt die Schnittmenge: Der kleine Makel der Unberechenbarkeit lässt die Menschen nicht ruhen. Juan Of The Dead VS. Shaun Of The Dead: Zombies sind prima im Geschäft. Die post-apokalyptischen Szenarien mit den Untoten haben im Kino, auf DVD oder derzeit enorm erfolgreich im TV mit der kritikergelobten Serie »The Walking Dead« (USA 2010-?) ein äußerst lebendiges Publikum. Die meisten der Filme folgen einheitlichen und schlichten Mustern – Ausnahmen bestätigen wie üblich die Regel. Ed Wood zählt zu den schlechtesten Regisseuren aller Zeiten. Wäre das nicht so, hätte Tim Burton nicht die Chance gehabt, diesen unermüdlichen und damenunterwäschetragenden Filmemacher auf Zelluloid zu bannen und dabei zu zeigen, dass bei allem Scheitern nie die Zuversicht verloren gehen muss. John Carpenters Filme sind bei vielen Zuschauern schon einmal über die Leinwand oder den Fernseher geflimmert. Etliche seiner Werke aus den 1970ern und 1980ern genießen seit langem Kultstatus. Diese Popularität zieht jedoch die Gefahr von Neuauflagen nach sich. Ist John Carpenter im Original aber nicht schon ein absoluter Volltreffer? Filme sind Spiegel der Gesellschaft. Ein Spiegelbild ist aber nur der unverfälschte Blick durch die Kamera. Ein Spielfilm setzt sich aber aus einer Vielzahl inszenatorischer Mittel zusammen, um für den Zuschauer ein außergewöhnliches und involvierendes Erlebnis zu sein. Bleiben am Ende etwa nur einzelne, spiegelnde Puzzleteile übrig? Man kann Film als ein Unterhaltungsmedium ansehen, aber auch als ein Sprachrohr, um gesellschaftliche Zu- und Missstände aufzuzeigen. Ein genaues Maß, wann was zutrifft, gibt es nicht – es bleibt dem Auge des Betrachters überlassen. Unterscheiden sich aber Kritik in Film und Fernsehen? Die Amerikaner haben Ethan Hunt in »Mission: Impossible«, die Briten James Bond in »007«, die Franzosen Hubert Bonnisseur de La Bath in »OSS 117« – und Deutschland Ranjid in »Agent Ranjid Rettet Die Welt« (D 2012)? Agenten-Filme, egal ob Action oder Parodie, sind von besonderem Erlebniswert. Zwei moderne Doppel-Nullen im Vergleich. Ziemlich Beste Freunde VS. The Straight Story: Viele Filme schicken die Zuschauer auf erlebnisreiche, abenteuerliche, schockierende, spannende oder dramatische Reisen und bieten Unterhaltung pur. Nur die wenigsten Filme schaffen es aber auch ergreifend zu sein. Zwei solche Sternstunden sind in »Ziemlich Beste Freunde« (F 2011) und »The Straight Story« (USA 1999) zu finden. Das Kino will sich jung und dynamisch zeigen, aber in letzter Zeit kehren manche Legenden von Anno Dazumal zurück und bringen neue filmische Glanzlichter hervor – immer versehen mit einem Quäntchen Starrsinn, Irrsinn und Unberechenbarkeit auf dem Weg zu ein wenig Weisheit. Mann Beisst Hund VS. Natural Born Killers: Film ist das wohl interessanteste Medium zur Äußerung von Medienkritik, denn nirgends sonst kann man sich derart ansprechen, aber auch unterhalten und involvieren lassen. Der Zuschauer muss sich daher auch als Voyeur, der das Fremde aus dem Schutz des Kinos beobachtet, ertappen lassen. Zwei Klassiker aus Europa und den USA unter Beweislast. Im Zuge etlicher Kriegsfilme Ende der 1990er brachte Regisseur Paul Verhoeven die 100 Millionen Dollar schwere Robert A. Heinlein-Verfilmung »Starship Troopers« (USA 1997) in die Kinos. Selten wurde deutlicher, wie sehr Sprachsynchronisationen neue Filme entstehen lassen – und wie schnell deren Konsequenz Indizierung lauten kann. The Prodigy VS. The Chemical Brothers: Bei einem Konzert live dabei zu sein ist ein besonderes Erlebnis – vor allem, wenn »The Prodigy« oder »The Chemical Brothers« auf der Bühne ein audiovisuelles Feuerwerk starten. Im Mittelpunkt stehen dann Tanz, Rock, Party, Genuss und Rausch. Aber was wird aus diesem Erlebnis, wenn Live heißt, dass es ein Film ist? Das Horrorgenre ist vielfältig und sprunghaft. Vom Monster-Horrorfilm der 1930/40er ging es über den Psycho-Thriller der 1960/70er zum Slasher der 1980er und dem Torture-Porn und Japan-Horror der 2000er. War aber die Reihe selbstironischer Slasher der 1990er nur eine Phase ohne Wiederkehr – oder ist es die stete Möglichkeit für eine Genre-Frischzellenkur? Während der Entwicklung von »Stirb Langsam 4.0« (USA 2007) muss die Produktion falsch abgebogen und in einer absurden Welt gelandet sein. Der finale Film ist alles andere und auch weit weniger als die drei Vorgänger. Der genaue Blick offenbart: John McClane steht zwar drauf, aber nur eine schwache Imitation von Jack Bauer steckt drin. 9 Songs VS. Macht Der Begierde: Erotik und Sex wurden im europäischen Kino stets progressiver als in der amerikanischen Filmbranche behandelt, die dem berüchtigten Production-Code unterworfen war. Die Grenzen des Zeigbaren müssen dennoch überall immer wieder neu ausgehandelt werden. Wann ist Pornographie nur Sex – und wann wird Sex zur Pornographie? Fortsetzung folgt: Stallone, Schwarzenegger und Willis, Runde 2. Über zwei Jahrzehnte haben Action-Fans darauf gewartet, dass die Busenkumpel gemeinsam über die Leinwand flimmern. In »The Expendables« (USA 2010) war eine Szene zu wenig, aber die Fortsetzung wird mehr von den Action-Ikonen bieten. Zeit also, beide Teile einander gegenüberzustellen. Stallone, Schwarzenegger und Willis sind die Action-Legenden der 1980er. Aber bei allem Leinwandkrawall findet sich bei jedem mehr als nur eine Perle in der Filmographie. Hervorstechend sind bei allen die Episoden strahlender Selbstironie. Lange bevor Buddy-Action-Komödien à la »Lethal Weapon« (USA 1987) mit Mel Gibson und Danny Glover in Mode gekommen sind, haben Jack Lemmon und Walter Matthau als erfolgreiche Zankäpfel für großartige komödiantische Unterhaltung auf den Leinwänden gesorgt. Aber auch einzeln brillierten sie – ungeahnte Parallelen eingeschlossen? Man schreibt und erzählt von den Dingen, die man kennt und erlebt hat. Zusätzlich garniert man es mit schmackhaften Fiktionen. Im Metier der romantischen Unterhaltungskost entsteht so manchmal ein herzerfrischend munterer Schmaus. Manche dieser Gerichte können aber unerwartet ehrlich Liebesbeziehungen re- und dekonstruieren. Hier zwei Volltreffer. Michael Bay ist sicherlich der Popcorn-Regisseur #1 und eines der Aushängeschilder der Entertainment-Branche Hollywood. Und das nicht erst seit der Metallschrott-Trilogie »Transformers« (USA 2007-2011). Allerdings erreicht überhaupt kein Bay-Blockbuster die vom Bay-Erstling »Bad Boys« (USA 1995) gesetzte Messlatte. Popcorn-Filme unter der Lupe. Was führte zur Baypocalypse? Citizen Kane VS. Stranger Than Paradise: »Rosebud.« / »Hey. I am as American as you are.« – Wie bringt man den als bester amerikanischer Film betitelten »Citizen Kane« (USA 1941) von Orson Welles mit dem Cannes-Caméra d’Or-Gewinner »Stranger Than Paradise« (USA 1984) von Jim Jarmusch in einen Zusammenhang, wenn diese auf den ersten Blick nichts gemeinsam haben? Zumindest zeichnen sich auf den zweiten Blick ungeahnte Parallelen ab. Im Jahr 1979 hieß es: »Im Weltraum hört dich niemand schreien.« Drei Jahrzehnte später kehrt Regisseur Ridley Scott nun zur Science-Fiction/Horror-Filmreihe »Alien« (USA 1979-1997) zurück. Zwar spielt »Prometheus« (USA 2012) im Alien-Universum und wird über die Horror- und Spannungselemente der Vorgängerfilme verfügen, aber gleichzeitig soll etwas Neues, Unerwartetes auf die Leinwand gebracht werden. Die inhaltliche Tragweite ist eine andere und so lautet die Werbezeile nun auch: »Sie suchten nach unserem Ursprung. Was sie fanden könnte unser Ende sein.« Wird Ridley Scotts Spiel mit den Konventionen der Reihe nun also vielmehr zu einem Paradigmenwechsel in Hollywood? Vom Buch zum Film, dieser Schritt ist gleichsam geliebt wie auch verhasst. Einerseits ist es verlockend, ein spannendes Buch für die Leinwand inszeniert zu sehen – andererseits ist es enttäuschend, wenn man bemerken muss, was fallengelassen, verdichtet, gekürzt oder umgeschrieben wurde. Eine Adaption ist eben keine Umsetzung 1:1. Zwar muss diese nicht zwangsläufig scheitern, aber die Unterschiede des Filmerlebnisses sind manchmal gravierend im Vergleich zum Leseerlebnis. Box-Filme üben einen besonderen Reiz auf das Publikum aus. Im Gegensatz zu anderen Dramen bieten diese einen großen und abstrakten Spielraum zur Identifikation des Zuschauers mit der Filmfigur. Die Identifikation ist unmittelbarer und intensiver, denn der Boxer ist, wie man selbst auch, ein »Joe Somebody«, der sich durch alle Widrigkeiten boxt. Andere Dramen rekurrieren hingegen auf Besonderheiten. Die Metapher des Box-Kampfes als Befreiungsschlag ist jedoch weitläufiger und spricht auf breiter Ebene an – eben Jedermann. Und dennoch können die Filme manchmal unterschiedlicher nicht sein. Action-Spektakel sind eine der beliebtesten Unterhaltungsformen auf der Leinwand. Aber der Action-Film bezieht sich nicht nur auf schnelle videoclipartige Schnitte à la MTV und eine Dynamik im situativen Geschehen. Global ist die physische Gewalt im Film immer mehr zu einem zentralen und dabei vielfältig ausgeprägtem Bestandteil geworden. Die Vorstellungen Hollywoods und des asiatischen Films von Action inspirieren sich einerseits gegenseitig, andererseits geht man inszenatorisch dennoch unterschiedliche Wege. Zum Start der neuen heuler-online-Serie soll dieses Filmgenre einmal genauer angeschaut werden. Nattevagten VS. Nightwatch: »Nattevagten« Vs. »Nightwatch« Oder: Original Vs. Remake. Diese zwei Thriller aus den 90er-Jahren sind nahezu identisch, aber nicht 1:1 – denn in der von Hollywood geprägten Filmkultur erscheint Bekanntes oft in neuen kulturellen Einfärbungen. Häufig ist dies zum Nachteil für die Neuauflage.
Reise(Film)Fieber?
Zombifizierte Aufsteiger?
FreudenTränen?
Satirische MedienKiller?
Konzert(Film)Erfahrungen?
XXX (V)Erwünschte Sexskapaden?
Zerplatzende Träume?
Kulturvergleich Durch Filmvergleich?