Tropa De Elite VS. RoboCop:
Reale Fiktion?

Filme sind Spiegel der Gesellschaft. Ein Spiegelbild ist aber nur der unverfälschte Blick durch die Kamera. Ein Spielfilm setzt sich aber aus einer Vielzahl inszenatorischer Mittel zusammen, um für den Zuschauer ein außergewöhnliches und involvierendes Erlebnis zu sein. Bleiben am Ende etwa nur einzelne, spiegelnde Puzzleteile übrig?

Charaktere und Szenen müssen für einen Film stets neu entworfen werden und lassen so eine Fiktion entstehen, auch wenn sie auf realen Situationen basiert. Das eigentliche Spiegelbild verzerrt sich und aus dem Abbild wird zusehends ein Kunstwerk. Dessen Interpretation muss aber nie eindeutig sein. Der Nachweis, dass der Film ein metaphorisches Spiegelbild ist, wird jedoch immer schwieriger.

Der brasilianische Regisseur José Padilha hat mit »Tropa De Elite« (BR 2007) einen Film gedreht, der von Gewalt, Korruption und dem schmalen Grat zwischen Recht und Unrecht in den Favelas von Rio de Janeiro und der Spezialeinheit »Batalhão De Operações Policiais Especiais« handelt. Die BOPE legt größten Wert darauf, dass Freund auch wirklich Freund ist, wenn sie nach dem Schema Gut und Böse rigoros auf Stadt und Leute blickt. Die Jugendfreunde Neto und Matias wollen aus Überzeugung und Protest gegen die Korruption in den eigenen Reihen zur Spezialeinheit gehen und nehmen dafür das harte Auswahlverfahren auf sich. Neben Ausdauer und Disziplin müssen sie Ehrenhaftigkeit unter Beweis stellen und sich Vertrauen erkämpfen. Erst dann können sie als Teil der BOPE auf die harte Wirklichkeit losgelassen werden, in der ein Zögern fatal sein kann. Zunächst war der Film als Dokumentation geplant, aber die Interviewten, vor allem die noch im aktiven Dienst stehenden, wollten nicht vor der Kamera sprechen. Auch das Filmen echter Einsätze wäre zu gefährlich gewesen. Der Spielfilm erhält durch den Rückgriff auf das Buch »Elite Da Tropa« des brasilianischen Soziologen Luiz Eduardo Soares und der Ex-BOPE-Angehörigen André Batista und Rodrigo Pimentel dennoch einen semi-dokumentarischen Charakter. Die in belletristische Form gebrachten Erlebnisse, Erfahrungen und Erkenntnisse der drei Männer tragen sicherlich zum spiegelnden Realismusgrad des Spielfilms bei.

Der dystopische Science-Fiction-Klassiker »RoboCop« (USA 1987), über einen Cop, halb Mensch und halb Maschine, ist als Spiegelbild jedoch deutlich unscharf. Dennoch wurde der Film bei aller Geradlinigkeit und Oberflächlichkeit von Story und Action bereits in den 80ern als intensive Medien-, Kapitalismus- und Globalisierungskritik verstanden. Allerdings ist das erst beim Blick auf die Nebenstränge, die mittels Werbung und Nachrichten die zunehmende Privatisierung und Monopolisierung zeigen, zu erahnen. Das Remake von »RoboCop« (USA 2014) wird nun von José Padilha gedreht. Geht er mit denselben Ambitionen an das Projekt wie bei »Tropa De Elite«, dann würde die Neuauflage mehr als das Original ein Spiegel sein. Die Wirtschaftskrisen der letzten Jahre und deren Auswirkungen in Form von Job-Krisen und zunehmender Kriminalität auf Detroit City, dem Setting des Films und Nabel der amerikanischen Auto-Industrie des 20. Jahrhunderts, wären eine passende inhaltliche Basis für eine reflexive Neuauflage. Gerüchte halten sich jedoch, dass dem die Hollywood-Politik entgegensteht. Ein potentieller Blockbuster soll schließlich unterhalten und nicht seriös und sachlich reflektieren.

Die mediale Adaption von Wirklichkeit kann zu deren Spiegel werden. Die Intensität der Verfälschung und die Eindeutigkeit der Aussage sind dafür ausschlaggebend. »Tropa De Elite« bleibt streitbar. Manch einer findet den Film äußerst wirklichkeitsnah, andere sehen eine Schwarz-Weiss-Malerei und vermissen realistischere Zwischentöne. Das Buch lässt einem zumindest die Zeit, um das Geschehen intensiver zu reflektieren. Dem Medium Film ist diese Zeit fremd. Einen echten und eindeutigen Spiegel hat man aber nur, wenn man die dargestellte Welt wiedererkennt. Fehlende Zwischentöne? Nur ein BOPE-Offizier kann das einschätzen.