Serbuan Maut VS. Mr. & Mrs. Smith:
(A)Moralische Action?

Action-Spektakel sind eine der beliebtesten Unterhaltungsformen auf der Leinwand. Aber der Action-Film bezieht sich nicht nur auf schnelle videoclipartige Schnitte à la MTV und eine Dynamik im situativen Geschehen. Global ist die physische Gewalt im Film immer mehr zu einem zentralen und dabei vielfältig ausgeprägtem Bestandteil geworden. Die Vorstellungen Hollywoods und des asiatischen Films von Action inspirieren sich einerseits gegenseitig, andererseits geht man inszenatorisch dennoch unterschiedliche Wege. Zum Start der neuen heuler-online-Serie soll dieses Filmgenre einmal genauer angeschaut werden.

Filme wie »Hard Boiled« (HK 1991) von John Woo und »Serbuan Maut« (RI 2012) von Gareth Huw Evans sind prägnante Beispiele für den gewalthaltigen und explizit visualisierenden Action-Film, der blutige Shootouts, Explosionen und Hand-To-Hand Combats en masse zur Schau stellt. Leichen pflastern die Wege der Protagonisten Chow-Yun Fat und Iko Uwais.

Während sich diese Filme jedoch nicht an ein jugendliches Zielpublikum richten, bietet Hollywood zum Selbstzweck der Nutzenmaximierung probate Alternativen an, die einen dennoch ordentlich Blei durch die Luft schießen lassen. Zwar werden auch dort harte R-Rated-Streifen à la »Die Hard« (USA 1988) »Shoot Em Up« (USA 2007), »Rambo« (USA 2008) und »The Expendables« (USA 2010) veröffentlicht, aber besonders populär sind Action-Komödien wie »Mr. And Mrs. Smith« (USA 2005), »Knight And Day« (USA 2010), »R.E.D.« (USA 2010) und »This Means War« (USA 2012).

Besonderes Merkmal ist, dass der Tod zu etwas beiläufigem degradiert und zum Bestandteil des Spaßes der Komödie wird. Die Opfer werden anonymisiert und treten teilweise nur auf, um mit einem Funkeln im Auge des Protagonisten wieder abtreten zu dürfen. Eine Charakterentwicklung ist nicht notwendig, die menschenähnliche leere Hülle ist ausreichend. Beiläufig fällt also der Tod der durch schwarze Masken anonymisierten mehreren Dutzend Angreifer am Ende von »Mr. And Mrs. Smith« aus, die für Brad Pitt und Angelina Jolie nur Kanonenfutter im (k)eine Story nicht abschließenden Finale sind. Der Film verschleiert dem Zuschauer die Vorstellung und Gewissheit, dass hinter jeder Maske ein Individuum steht. Stattdessen wird dieses degradiert und anonymisiert, um eine Kugel zu kassieren. Dies ist nicht zuletzt dem Unterhaltungswert des Films geschuldet. Dennoch entbindet das Branche und Filmemacher nicht von einer Verantwortung. Vor allem dann nicht, wenn Filme an ein jüngeres Publikum gerichtet sind. Denn wie ist es eigentlich zu verstehen, wenn die Opfer prinzipiell für die an sich richtige Seite agieren, aber vom Antagonisten unsachgemäß eingesetzt und somit zum Kanonenfutter für den Protagonisten werden – wie bei »Knight And Day« geschehen und aus dem Trailer zu »Safe House« (USA 2012) abzulesen ist. Das Leben, so müsste man folgern, wird weiter entwertet.

Zu beachten bleibt, dass auch Filme sozialisatorische Effekte entfalten. Insofern erscheinen die Beispiele der physisch härter gesottenen asiatischen Filme und deren Hollywood-Äquivalente passender. Ein anderes Zielpublikum und eine andere inhaltliche Erwartungshaltung gehen mit diesen Filmen einher. Der Tod bleibt zwar unmittelbar, aber der Unterschied zur degradierenden Sterbeform in Action-Komödien scheint darin zu liegen, dass die Gegner hier zumindest zu Opfern mit einer Chance werden, denn der Aktionsspielraum vor dem Abtreten erscheint (minimal) größer und die Anonymisierung ist nicht auf die Spitze getrieben. Das Schicksal ist zwar besiegelt, aber der Hauch einer Chance ist gegeben. Der Tod wird beim Sehen realer, erfassbarer – und nicht beiläufig. Filmisch wird also der Weg des geringsten Widerstands vermieden. Die Alternative zu allem wäre, es dem »The A-Team« (USA 1983-1987) gleichzumachen: Physische Action mit Spaßfaktor, aber ohne Leichen. Der Kommentar der 80er sprach jedoch gleich wieder von einer Gewaltverharmlosung. Bleibt nun abzuwarten, wie das US-Remake von »Serbuan Maut« alias »The Raid« ausfallen wird.