Bad Ass VS. Gran Torino:
Charismatische Teufelskerle?

Das Kino will sich jung und dynamisch zeigen, aber in letzter Zeit kehren manche Legenden von Anno Dazumal zurück und bringen neue filmische Glanzlichter hervor – immer versehen mit einem Quäntchen Starrsinn, Irrsinn und Unberechenbarkeit auf dem Weg zu ein wenig Weisheit.

Hollywood traut den einstigen Haudegen – oder vielleicht doch nur dem Geschmack des Publikums – nicht immer über den Weg. Deshalb musste Bruce Willis in »Stirb Langsam 4.0« (USA 2007) unbedingt einen Jungspund als Partner an die Seite gestellt bekommen und daher war auch Sylvester Stallone jahrelang in der Versenkung verschwunden, bevor er mit Pauken und Trompeten wieder auf die Leinwand zurückkehrte. Clint Eastwood hingegen war seit den Western- und Dirty-Harry-Zeiten durchgehend präsent, aber insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten haben seine Filme als Regisseur und erst recht als Schauspieler einen bedeutenden qualitativen Wandel vollzogen, bei dem sich zeigt, dass er mit den Jahren geht und nicht deren Spuren verbirgt – äußerlich wie auch innerlich. »Space Cowboys« (USA 2000) ist nur ein prägnantes Beispiel.

In »Gran Torino« (USA 2008) kehrt er den konservativen Zyniker Walt Kowalski heraus, dessen Gattin verstorben ist, dessen Kinder und Enkelkinder bereits seine Weichen zum Abstellgleis stellen und dessen Nachbarschaft nur noch von Asiaten durchsetzt ist, was dem Koreakriegsveteranen besonders missfällt. Einsam und allein hält er die Stellung. Die schärfste Waffe, die er bei sich trägt, ist seine zynische Ader, die sich vor allem in endlosen rassistischen Wortschöpfungen entfaltet. Es ist die letzte Bastion und er weiß, dass es ein verlorener Posten ist. Aus der hartnäckigen Trauer über alles Verlorengegangene und Vergangene wird er aber unerwartet und widerwillig durch eine aufkeimende Freundschaft in der Nachbarschaft herausgerissen. Diese und die Konflikte, die das neue nähere Umfeld prägen, fordern Walt Kowalski zum Umdenken auf – und ohne dass er seine Angewohnheiten, Marotten und Prinzipien aufgeben muss, wird er sich selbst gegenüber lebendiger und gefragter als zuvor. Der Mann mit dem losen Mundwerk, der seine Sprüche abfeuert wie Dirty Harry seine 44er Magnum, löst die Konflikte am Ende zwar mit Starrsinn, aber Scharfsinn.

Ein anderer Haudegen, der sich durch B-Movies und einen Stammplatz bei Regisseur Robert Rodriguez einen Namen gemacht hat, ist Danny Trejo, dem mit »Bad Ass« (USA 2012) sein eigenes charmantes Opus Magnum zuteilwurde. Der Action-Darsteller übernimmt hier eine deutlich vielschichtiger und freundlicher wirkende Rolle, als man es sonst gewohnt ist. Das macht auch die Überraschung und den wahren Reiz des Filmes aus. Zwar kommt er nicht ohne das actionorientierte und dabei schwache Finale aus, aber man erlebt über 90 Minuten hinweg einen unerwartet sympathischen Charakter, der nicht sonderlich zufrieden, aber auch nicht unzufrieden ist. Zusammen mit seinem besten Freund wartet er noch immer auf den schönsten Tag im Leben. Zum »Bad Ass«, also zum Teufelskerl, wird er durch ein Video bei YouTube, in dem er nichts anderes als Zivilcourage zeigt. Diese Initialzündung ist es, die den netten Typen von nebenan nach Jahrzehnten aus der Wiederholschleife herausholt. Die Leute werden aufmerksam, er wird für sie bedeutsam und wirkt inspirierend. Dennoch bleibt er der gleiche Typ und der ist es auch, den man gerne auf der Leinwand erlebt. Die Charaktere sind unerwartet bedeutsamer als die Action, sie fühlen sich echter und interessanter an als in anderen Filmen. Kurios ist nur, dass Danny Trejo im Gegensatz zu Clint Eastwood die mildere und sanftmütigere Rolle übernimmt, obwohl er von beiden der härtere Action-Brocken ist.

In beiden Filmen wird gezeigt, dass die bereits gezählten Tage noch lange nicht das Ende bedeuten. Jeder Film zeigt Charaktere, die nicht unterschätzt werden sollten und mit denen immer noch gerechnet werden muss – wie auch im Leben. Der Biss ist wieder da – und es spielt keine Rolle, ob es schon die dritten Zähne sind.