01. April 2015: Die universitären E-Mail-Postfächer erhalten eine Nachricht mit dem ominösen Betreff: »Sexualität & Online-Pornographie: Eine Umfrage« Kein Spam. Kein April-Scherz. Purer Ernst. In kurzer Zeit nehmen über 2.300 Interessierte an der Umfrage teil. Lange ist das her. Zeit also, die zentralen Ergebnisse der Studie zu veröffentlichen.
Der Weg bis zum Start der Online-Umfrage war ein intensiver und kurzzeitig auch steiniger. Zu Beginn des Jahres überlegte die zukünftige Absolventin Christine Rathay, inwiefern sich das Thema der anstehenden Masterarbeit an das der Bachelorarbeit – »Schöner Neuer Sex« – anschließen könnte. In der theoretischen Arbeit ging es bereits um Sexualität im digitalen Zeitalter. Die junge Studentin, inzwischen in der Marktforschung tätig, hatte zudem das Ziel, eine quantitativ-methodische Studie durchzuführen. Gemeinsam mit Clemens Langer vom Lehrstuhl für Soziologische Theorien und Theoriegeschichte als erneutem Betreuer entwickelte sie die Idee, sich mit dem Konsum filmischer Online-Pornographie und deren Bedeutung für die Sexualität in der Gegenwartsgesellschaft zu beschäftigen.
In der folgenden Zeit wurden viele Stunden im Büro zugebracht, in denen die neuesten Fassungen der Umfrage unter qualmenden Köpfen intensiv besprochen und optimiert wurden. Eine unerwartete Schwierigkeit zeigte sich, als aus anderen Richtungen hinterfragt wurde, ob die Soziologie auch Pornographie zu thematisieren hat. Allerdings beschäftigt sich diese Wissenschaft mit dem Sozialen und den daraus entspringenden Phänomenen. Entstehung und Konsum pornographischer Inhalte passen zweifelsohne hier hinein. Die Diskussion war nach kurzer Zeit beendet. Das Thema hat dabei viel Zustimmung und Unterstützung erhalten, so dass es weiter vorangehen konnte. Das sich wenig später ergebende Thema – »PorNoSex« – einer anderen Studentin, die am Set bzw. mit Akteuren Interviews geführt hat, musste nicht mehr diskutiert werden.
Der Feinschliff an der Umfrage war erledigt, das Versenden einer E-Mail an alle Empfänger der Universität Rostock genehmigt und eine einladende Nachricht nebst ominösem Betreff formuliert, so dass die Erhebung pünktlich zum 01. April 2015 per E-Mail und »Facebook« starten konnte. Nicht ganz einkalkuliert war, dass einige Empfänger durchaus dachten, es würde sich an diesem Tag um einen April-Scherz handeln. Vielleicht wäre das keine schlechte Lach-Nummer, aber dennoch: Eine vollständige und einsetzbare Umfrage nur für einen Lacher zu planen, das scheint unverhältnismäßig aufwändig zu sein. Das hier ist schließlich nicht das »neoMagazin Royale« – und auch da geht es um mehr als nur den Lacher. #varoufake #verafake
Der Startschuss fiel und sofort hatte der Klick-Zähler zu tun, denn schnell nahmen immer mehr Leute an der Umfrage teil. Das Thema erweckte Aufmerksamkeit. Das zeigte sich auch an den eingehenden E-Mails von Teilnehmern, die sich zur Studie äußerten und Interesse an den ausstehenden Ergebnissen hatten. Das damals gegebene Versprechen auf Einblick soll nun eingelöst werden. Die ganz normalen Umstände – Job, Job, Job – haben dazu geführt, dass die Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse erst jetzt fertiggestellt werden konnte. Das Pornographie-Thema beschäftigt aber weiter: Zuletzt wurden auf der Gender-Tagung »Populärkultur – Geschlecht – Handlungsräume« weitere Ergebnisse präsentiert. In der Fan-Fiction »Polizeiruf 110: Herzeleid« hat es sich zudem literarisch niedergeschlagen.
Vielen Dank allen Interessierten und Teilnehmenden an der Erhebung. Über 2.300 Umfrage-Teilnehmer, allein das ist ein großartiges Ergebnis für eine Studie. Ein besonderer Dank geht an Christian Helbig vom Institut für Allgemeinmedizin, der mit sozialwissenschaftlich-methodischer Kompetenz das Vorhaben bereichert hat. Welche Rolle nun filmische Online-Pornographie in unseren Leben spielt, das kann hier nachgelesen werden: World Wide Porn