Prometheus VS. Alien:
Hollywoods Paradigmenwechsel?

Im Jahr 1979 hieß es: »Im Weltraum hört dich niemand schreien.« Drei Jahrzehnte später kehrt Regisseur Ridley Scott nun zur Science-Fiction/Horror-Filmreihe »Alien« (USA 1979-1997) zurück. Zwar spielt »Prometheus« (USA 2012) im Alien-Universum und wird über die Horror- und Spannungselemente der Vorgängerfilme verfügen, aber gleichzeitig soll etwas Neues, Unerwartetes auf die Leinwand gebracht werden. Die inhaltliche Tragweite ist eine andere und so lautet die Werbezeile nun auch: »Sie suchten nach unserem Ursprung. Was sie fanden könnte unser Ende sein.« Wird Ridley Scotts Spiel mit den Konventionen der Reihe nun also vielmehr zu einem Paradigmenwechsel in Hollywood?

Die Alien-Filme haben jeder für sich und als Reihe besondere Plätze in der Filmgeschichte eingenommen. Der erste Teil brachte den Monster-Horror-Film ins All und bestach durch eine beklemmende Atmosphäre. Darüber hinaus hielt mit Lieutenant Ellen Ripley ein starker und widerstandsfähiger femininer Charakter wegweisenden Einzug in Film, Branche und Geschichte. Der zweite Teil wurde zu einer der wenigen – so der allgemeine Konsens – als besser bezeichneten Fortsetzungen. Nicht zuletzt hat das an Regisseur James Camerons Ansatz gelegen, aus einem Horrorfilm einen Actionfilm zu machen. Zudem wurde auch Ellen Ripley unabhängiger und progressiver gezeichnet. Eine toughness, die James Cameron bei Sarah Connor in »The Terminator« (USA 1984) noch vermissen ließ, die er aber in »Terminator 2 – Judgment Day« (USA 1991) nachholte.

Diese Stärke wurde im dritten Teil von David Fincher nochmals gesteigert, ebenso wie das Szenario wiederum gewechselt und mit anderen Konventionen gespielt. Klaustrophohie und Action wurden neu miteinander kombiniert, sodass der Film durch eine andersartige Atmosphäre besticht. Der vierte Teil von Jean-Pierre Jeunet treibt Ellen Ripley zudem derart in die angriffslustige Position, dass sie inzwischen mehr filmisch-maskuline Charakterzüge aufweist. Aus der bisherigen Reifung ist hier eine Transformation geworden. Vielleicht ist es daher auch zwangsläufig, dass Fans bei Überlegungen, wie ein feminines Actionhelden-Geschwader à la »The Expendables« (USA 2010) aussehen müsste, Ellen Ripley aus dem vierten Teil in die Rolle von Sylvester Stallone gesetzt haben.

Wie positioniert sich »Prometheus«? Zuletzt wurde in den USA ein neuer Trailer veröffentlicht, dessen Betonung deutlich auf Action liegt. Die internationale Variante ist hingegen inhaltslastiger und konzentriert sich vor allem auf dessen Tragweite. Die Parallelen zur Alien-Mythologie lassen sich erkennen, während sich aber auch schlichtweg Neues erahnen lässt – sowohl für die Alien-Generation, als auch eine neue Kino-Generation.

Was den Zuschauer genau erwarten wird, das wird offiziell noch nicht verraten. Zumindest aber heißt es: Keine Facehugger, keine Xenomorphs, keine Ellen Ripley – kein Alien-Schema-X. Aus dem Alien-Universum selbst weiß man auch nichts über die Vorgeschichte oder den sogenannten Space-Jockey, der im ersten Teil entdeckt wurde. Anders war es bei der Prequel-Trilogie von »Star Wars« (USA 1999-2005). Deren Problem bestand bereits in dem Wissen darum, dass Anakin Skywalker zu Darth Vader werden musste. Die Herausforderung für Ridley Scott ist nun, sowohl im Kanon der Reihe zu bleiben, aber dennoch Alternativen zu erkunden und den Zuschauer positiv zu irritieren. Die bisherigen Trailer stellen jedenfalls genau das in Aussicht.

Geht das Spiel auf, findet nicht nur ein Ausbruch aus der Sequel-, Prequel- und Remake-Manie Hollywoods statt. Man erhält das, was man sich von vielen Filmreihen bereits erhofft hat, aber keine eingehalten hat – ein neues Abenteuer. Wird »Prometheus« nicht nur ein weiterer Alien-Film, dann ist filmhistorisch sicherlich ein wichtiger Meilenstein erreicht – ebenfalls unerwartet. Im Augenblick ist zumindest anzunehmen, dass man demnächst ins Kino gehen kann in Erinnerung an Bekanntes, aber in Erwartung von Unbekanntem – nur das Erlebnis bleibt offen.