Die Amerikaner haben Ethan Hunt in »Mission: Impossible«, die Briten James Bond in »007«, die Franzosen Hubert Bonnisseur de La Bath in »OSS 117« – und Deutschland Ranjid in »Agent Ranjid Rettet Die Welt« (D 2012)? Agenten-Filme, egal ob Action oder Parodie, sind von besonderem Erlebniswert. Zwei moderne Doppel-Nullen im Vergleich.
Die Rückkehr von James Bond sorgte für ein unerwartetes Klingeln der Kinokassen. Zudem sollte »Skyfall« (UK 2012) wiederherstellen, was die Zuschauer in »Casino Royale« (UK 2006) und »Ein Quantum Trost« (UK 2008) vermisst haben. Vielen war dieser neue Bond zu seriös, unnahbar und gewalttätig. Der übliche Charme, die Gewitztheit und die Eleganz der Figur waren etwas neben der Spur. Realere Settings, schmerzhafte Situationen und ernsthafte Konsequenzen, die die Taten nach sich ziehen, sind jedoch keine schlechten neuen Vorzeichen gewesen. Allerdings nur, wenn dabei nicht die unnachahmlichen Merkmale des Protagonisten verloren gehen – eine Schwierigkeit, die zwar überwiegend gemeistert wurde, aber keinesfalls durchweg überzeugend gelungen ist.
James Bond ist stets eine Mischung aus Überheblichkeit, Charisma und Charme gewesen. Daniel Craigs Bond mischt dem aber eine Prise Arroganz, Unnahbarkeit und kalter Sachlichkeit bei, die diese wichtigen Ingredienzien in den Schatten stellen. In »Skyfall« wurden nun viele Reminiszenzen an den klassischen Bond dezent eingeflochten. Das wahre Problem liegt aber auf filmischer Seite, denn Logik-Löcher und ein dritter Akt, der einem das Gefühl gibt, eigentlich einen ganz anderen Film gesehen haben zu müssen, verhindern ein echtes Kino-Erlebnis. Unverständliche Fehler schleichen sich ein, so zum Beispiel, wenn Q ein fremdes System den MI6 hacken lässt. Ausgerechnet Q, der dafür bezahlt wird, dass so etwas nicht passiert. Schwerwiegender sind aber die Szenen, die etwas Spannendes in Aussicht stellen – und schlagartig abbrechen. Das Bond-Girl Sévérine wurde als mysteriöse Dame wunderbar eingeführt, nur um dann beiläufig wieder zu verschwinden. Als Film bleibt »Skyfall« daher größtenteils halbherzig und hinterlässt einen bitteren Beigeschmack. Der letzte Akt, der nur eine bessere Schießerei à la »Stirb Langsam 4.0« (USA 2007) ist, enthält zudem eine untypische intime metaphorische Ebene, die sich zwischen Bond, M und dem Gegner Raoul Silva entfaltet. Das ist jedoch konträr zu dem, was die ersten zwei Akte in Aussicht stellen. Normalerweise geht es um nichts weniger als die Welt. Ein gelungener Schachzug wäre es nur dann, wenn das Gesamtbild stimmen würde.
Wenig bekannt ist, dass Hubert Bonnisseur de La Bath bereits vor Ian Flemings James Bond das Licht der literarischen und filmischen Agenten-Welt erblickte. In »OSS 117 – Der Spion Der Sich Liebte« (F 2006) und »OSS 117 – Er Selbst Ist Sich Genug« (F 2009) wurde der seriöse französische Agenten-Film darüber hinaus zur gelungenen Parodie, die die Komik-Gefilde eines »Johnny English« (UK 2003) vermeidet. Stattdessen brilliert sie mit einem ernsthaften und überzeugten, aber selbstsüchtigen, selbstüberschätzenden, ignoranten und kulturell absolut verkennenden Agenten, der wohl jedes beleidigende Fettnäpfchen mitnimmt. Wer sonst könnte einen Muezzin genervt niederschlagen, weil er sich durch dessen Gebetsruf im Schlaf gestört fühlt? Die beiden Filme trumpfen mit Charme, Stilsicherheit, Eleganz und Ruhe auf. Ob geschüttelt oder gerührt, aber am Ende entsteht so eine erfrischende Mischung aus offensichtlicher Seriosität und blanker Absurdität, wenn der beste Agent Frankreichs über die Leinwand läuft.
Ein Agenten-Film sollte ein Abenteuer sein und den Zuschauer auf eine Reise in die Fremde, die Ferne und das Unbekannte mitnehmen. Um aber ein Genuss zu sein, bedarf es am Ende auch einer Prise Leichtfüßigkeit. Nicht jeder Schuss ist aber auch ein Volltreffer. Das, was »Skyfall« sein sollte, wurde in »Mission: Impossible – Phantom Protokoll« (USA 2011) erfolgreich umgesetzt – ein Film, der als Agenten-Abenteuer von A bis Z gelungen ist.