Während der Entwicklung von »Stirb Langsam 4.0« (USA 2007) muss die Produktion falsch abgebogen und in einer absurden Welt gelandet sein. Der finale Film ist alles andere und auch weit weniger als die drei Vorgänger. Der genaue Blick offenbart: John McClane steht zwar drauf, aber nur eine schwache Imitation von Jack Bauer steckt drin.
Der erste »Stirb Langsam« (USA 1988) hat Filmgeschichte geschrieben. Der zweite Teil ist eine Wiederholung vom ersten, teilweise überspitzt und dennoch passt er sich harmonisch in die Filmreihe ein. Im dritten Teil wurde die Herausforderung für McClane größer und er unmittelbar zum Mittelpunkt des Geschehens. Das Setting wurde erweitert, denn nach einem Skyscraper und einem Airport wurde nun ganz New York zur Spielwiese. Knifflige Rätsel und eine enorme physische Belastung erhöhten die Spannung. Vor allem das äußerst clevere Drehbuch brachte den dritten Teil zum Scheinen und gab der Reihe einen frischen Wind.
Über ein Jahrzehnt hat es jedoch gedauert, bis John McClane, der immer zur falschen Zeit am falschen Ort, aber der richtige Mann für die Situation ist, auf die Leinwand zurückkehrte. In der Zwischenzeit hat sich aber in Filmen, Fernsehserien und vor allem der Realität die Welt deutlich gewandelt. Die Digitalisierung und Globalisierung war enorm vorangeschritten und 9/11 hatte Weltbilder verändert. Die Themen des inneren und äußeren Terrorismus und die Anwendung von Folter wurden im Fernsehen bereits in der Serie »24« (USA 2001-2010) intensiv und vielseitig thematisiert. Einige dieser neuen Zustände greift »Stirb Langsam 4.0« auf und versetzt damit auch McClane in ein neues Setting. Der analoge Held, für den schon ein Faxgerät unverständlich war, wurde ins digitale Zeitalter gehievt.
Dieser Quantensprung ist aber nicht wirklich gelungen, denn es blieb nur ein Schatten seiner selbst übrig. Die markigen Sprüche zünden nicht mehr richtig und es fehlt eine dem Helden von Anbeginn zusetzende Herausforderung, wie es sie in den Vorgängern mit Holly oder John selbst gab. Zudem spricht er davon, dass er sofort weg wäre, wenn jemand anderes den Job übernehmen könnte. Aber da es niemanden gibt, muss er ran. Die Folge ist, dass der klassische Charakter eines »Stirb Langsam« verlorengegangen ist. McClane ist zudem zu arrogant gezeichnet, was kein Problem wäre, wenn alles andere stimmen würde. Aber auch seine Gewaltakte gehen viel zu leicht von der Hand und werden zur Selbstverständlichkeit. Neben dem Fehlen von einer Art Isolation wird auch sein körperliches Leiden außer Acht gelassen. Im ersten Teil war das noch besonders deutlich gegeben, als er barfuß über Glasscherben fliehen musste. Nicht zuletzt muss alles aber auch mehr sein als nur ein Job. McClane wird angetrieben, weil er entweder bei einer Sache ein schlechtes Gefühl hat, oder weil jemand Vertrautes in Gefahr ist. Letzteres wurde im vierten Teil mit seiner Tochter Lucy viel zu spät eingeführt, nämlich erst lange, nachdem er den Job übernommen hatte. »Stirb Langsam 4.0« bietet zwar etliche Reminiszenzen an die Vorgänger, aber wenn der O-Ton fehlt, können auch die gelungenen Szenen, Sprüche und Anleihen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Form und Inhalt nicht zusammenpassen.
Diesem neuen McClane sind daher seine wichtigsten Facetten verlorengegangen und er wurde zu einer absonderlichen Version von Jack Bauer aus »24« – denn dieser ist es, der stets die heiklen Jobs übernimmt, weil kein anderer es kann. Der gravierendste Unterschied zwischen beiden ist aber, dass Jack Bauer aus tiefsten Überzeugungen handelt und dadurch auch Gefahren für Vertraute heraufbeschwört.
Die Story eines Cyber-Angriffs auf die USA wäre auch für eine weitere Staffel »24« geeignet und würde dort bedeutend besser in das Schema passen. Im Endeffekt bleibt »Stirb Langsam 4.0« aber nur ein Hybridfilm aus Klassikern des Kinos und Fernsehens – und wird zu einem Motor, der nicht mehr als nur halbe Leistung bringt. Bleibt abzuwarten, wie »A Good Day To Die Hard« (USA 2013) sein wird.