John Carpenter VS. Remakers:
Verfluchte Einfachheit?

John Carpenters Filme sind bei vielen Zuschauern schon einmal über die Leinwand oder den Fernseher geflimmert. Etliche seiner Werke aus den 1970ern und 1980ern genießen seit langem Kultstatus. Diese Popularität zieht jedoch die Gefahr von Neuauflagen nach sich. Ist John Carpenter im Original aber nicht schon ein absoluter Volltreffer?

Der Name des Regisseurs sagt einem sicherlich wenig, aber seine Filme haben markante Spuren in der Geschichte hinterlassen. »Assault – Anschlag Bei Nacht« (USA 1976), »Halloween« (USA 1978), »The Fog – Nebel Des Grauens« (USA 1980), »Die Klapperschlange« (USA 1981), »Das Ding Aus Einer Anderen Welt« (USA 1982) und »Sie Leben« (USA 1988) zählen zu den Höhepunkten von John Carpenters filmischem Schaffen. Vier davon haben bereits eine Neuauflage erhalten. Keine kann jedoch dem Vergleich mit dem Original standhalten. Zwar sind sie solide und routiniert inszeniert, aber die Signatur des Regisseurs, die die Filme so außergewöhnlich macht, hat niemand geschafft zu imitieren. Was genau ist aber das Geheimnis der Filme – und warum hat auch der Mann auf dem Regiesessel diese unnachahmliche Handschrift verloren?

Schaut man sich die Remakes an, dann ist bei allen eine Steigerung der Komplexität von Charakteren und Story zu bemerken. Rob Zombie versuchte zum Beispiel, in der Neuauflage von »Halloween« (USA 2007) die Exposition zu erweitern und den Taten des maskierten Serienkillers Michael Myers eine ernstzunehmende psychologische Grundlage zu geben. Der Nachteil war jedoch, dass er sich als zu plumper Klischeedenker erwies. Auch bei »Das Ende – Assault On Precinct 13« (USA 2005) und »The Fog – Nebel Des Grauens« (USA 2005) sieht es nicht viel besser aus. Inhaltliche Ergänzungen wurden vorgenommen und neue Subplots eingefügt. Wurde noch im Original von »Das Ende – Assault On Precinct 13« das Revier beinahe grundlos von skrupellosen Jugendlichen belagert, sind es im Remake korrupte Cops, die vor nichts Halt machen, um die Aufdeckung der Korruption in den eigenen Reihen zu verhindern. Bei allen Vorteilen der routinierten Regie sind die Remakes in einer Starre gefangen. Die Originale bieten hingegen Leichtfüßigkeit und Eleganz.

Drei Unterschiede tun sich zwischen den Originalen und den Neuauflagen auf. John Carpenters Filme bauen immer auf einer einfachen, geradezu schlichten Prämisse auf, die den Stein ins Rollen bringt. Die neuen Fassungen verlieren sich aber von Anfang an in dem Irrglauben, komplex sein zu müssen. Neben aller Einfachheit schafft es der Filmemacher aber, eine dichte, verführerische und auch zermürbende Atmosphäre zu kreieren, die einen in den Bann zieht und nicht mehr loslässt. Während moderne Horror-Filme gerne Schockeffekte zur Schau stellen, wird in »Halloween« (USA 1978) vor allem durch die latent vorhandene, unsichtbare und unterschwellige Gefahr eine intensive Atmosphäre erzeugt. Lässt man sich darauf ein, kann sich nach wie vor ein Gruselerlebnis vom Kaliber eines »Blair Witch Project« (USA 1999) einstellen. Ist man aber an das moderne Horror-Kino gewöhnt, dann scheint dieser Klassiker nur noch banal zu sein – ein Schicksal, das vielleicht alle dieser Originale teilen. Das hervorstechendste Element in John Carpenters Filmen ist aber der selbstkomponierte Soundtrack, der der Einfachheit und Atmosphäre eine zusätzliche Spannung verleiht. »Assault – Anschlag Bei Nacht«, »Halloween«, »The Fog – Nebel Des Grauens« und »Die Klapperschlange« entfalten die geballte Ladung erst durch die zugehörigen Synthesizer-Melodien. Auch für diese Klänge gilt dasselbe wie für die Filme: Die Soundkulisse ist zwar schlicht, aber entfaltet eine vereinnahmende Atmosphäre.

John Carpenter ist ein Meister der Spannung – der sich leider selbst überdauert hat. Der markante und minimalistische Stil, der die Filmwelt der 70er und 80er geprägt hat, scheint zusehends verlorengegangen zu sein. Wie bei Walter Hill, dem Regisseur von »The Warriors« (USA 1979), wartet man noch immer auf die Blütezeit einer neuen Schaffensphase.