Rambo VS. Star Trek:
Inklusive Exklusion?

Der metaphorische Spielraum der Science Fiction lässt dieses Genre vielleicht besser als jedes andere zu einem Mittel werden, um auf Missstände hinzuweisen. Das Nonplusultra ist es aber noch lange nicht. Abseits davon lässt sich sogar erstklassige Action mit inhaltlicher Substanz und reflexiver Kritik finden. »Rambo« und »Star Trek« im Fadenkreuz.

Die Roman-Verfilmung »Rambo« (USA 1982) scheint unmittelbar repräsentativ zu sein – zumindest für bestimmte Menschen: Vietnam-Veteranen. Viele Zuschauer sehen den Film vielleicht nur als ein Stück Unterhaltung an. Jugendliche lassen sich sicherlich vom Anti-Helden, dem Einzelkämpfer und dem Ausgestoßenen ansprechen. Sehen sie den Film zehn Jahre später noch einmal und betrachten die Inhalte durch die individuelle Brille der zwischenzeitlich gesammelten Erfahrungen und erweiterten Perspektiven, kommen für sie ganz andere thematische Ebenen des Films ins Spiel. Dies scheint auch die Besonderheit des Films für Vietnam-Veteranen auszumachen, die sich im Inneren angesprochen gefühlt und in ähnlichen Situationen wiedergefunden haben. In Rambo spiegeln sich für sie bestimmte Erfahrungen nach der Rückkehr aus dem Kriegsdienst wider. Vielen Heimkehrern ging es wie Rambo, der auf Ablehnung und Ausgrenzung stößt. Von Stadt zu Stadt begegnet er denselben Vorurteilen und Umgangsformen, bis er – eventuell absichtlich provoziert – in Gewahrsam genommen wird und seine traumatischen Kriegserlebnisse in Gefangenschaft mit der Gegenwart in der Zelle kollidieren. Rambo wird entfesselt und die Hölle bricht los.

Im Roman »First Blood« (USA 1972) von David Morrell bringt John Rambo tatsächlich das zum Vorschein, was Colonel Trautman im Film nur andeutet: Massenweise gefüllte Leichensäcke. Die Adaption schlägt aber einen anderen Weg ein. Manchmal sind es nur Nuancen, aber häufig sind es gravierende Unterschiede zur Vorlage, die den Film zu einer hervorragenden Adaption sowie den Charakter tiefgründig und besonders zugänglich für die individuelle Identifikation werden lassen. Das Leid von Rambo, nirgendwo hinzuzugehören, weil er das ist, was er ist – und gleichzeitig zu wissen, dass er das wurde, weil andere es so wollten – ist Ausdruck einer Suche nach Geborgenheit in einer Gesellschaft, die einen Rambo brauchte, aber unfähig ist, diesen außerhalb von Krisenzeiten zu dulden. Stattdessen wird dieser Schöpfung mit Ignoranz, Kritik und Vorwurf begegnet. Re-Sozialisierung spielt keine Rolle. Rambo wird zu einem Mann, der niemals ankommt, weder äußerlich, noch im Inneren. In »John Rambo« (USA 2008) wurde der Charakter noch einmal auf dessen Essenz zurückgeführt: Soldat. Gesetzloser. Maschine. Endlos: Verloren. Einsam. Suchend.

Interessanterweise hat sich auch die Serie »Star Trek – Das Nächste Jahrhundert« (USA 1989) in der Episode »Die Verfemten« der gesellschaftlich-militärischen Kreation zu Krisenzeiten und der gesellschaftlichen Exklusion zu Friedenszeiten gewidmet. Während des Krieges wurden die Soldaten auf Angosia III mittels Konditionierung und scheinbar irreversibler biochemischer Transformation zu überlegenen Kampfmaschinen gemacht. Der Krieg ist lange vorbei, aber die Gesellschaft sieht seitdem in den Soldaten eine verbleibende Gefahr. Der Mond Lunar V wird daher zu einem Gefängnis, in dem die Soldaten gemeinsam in Freiheit leben können – eine Farce für die Isolierten. Während in »Rambo« der Konflikt konkret-individuell ist und die Parallelen zur Wirklichkeit deutlich erkennbar sind, bleibt die Serie dem Genre entsprechend abstrakt-generell. »Rambo« lässt sich viel besser erleben und fühlen, »Die Verfemten« lässt sich hingegen besser deuten und verstehen.

Die Nase vorne hat niemand. Science Fiction bietet dem Zuschauer in der Abstraktheit einen großen Spielraum zur Reflexion. Demgegenüber steht Rambo, mit dem man sich identifizieren kann. Allerdings sind die konkretesten Gefühle und Erfahrungen des Charakters nur einem eingeschränkten Kreis zugänglich. Alle anderen müssen zumindest ein wenig abstrahieren.