Bad Boys VS. Transformers 3:
Baypocalypse Now?

Michael Bay ist sicherlich der Popcorn-Regisseur #1 und eines der Aushängeschilder der Entertainment-Branche Hollywood. Und das nicht erst seit der Metallschrott-Trilogie »Transformers« (USA 2007-2011). Allerdings erreicht überhaupt kein Bay-Blockbuster die vom Bay-Erstling »Bad Boys« (USA 1995) gesetzte Messlatte. Popcorn-Filme unter der Lupe. Was führte zur Baypocalypse?

In den Kritiken schnitt »Transformers – Dark Side Of The Moon« (USA 2011) unerwartet besser ab als die beiden Vorgänger. Allerdings war allgemeiner Konsens, dass dies nicht auf Story oder Charakterentwicklungen zurückzuführen ist, sondern auf den Inszenierungsstil von Michael Bay. Dieser war durch den Einsatz von 3D-Kameratechnik zu einer ruhigeren Inszenierung gezwungen. Zu schnelle Bewegungen, ein Bay’sches Standardmerkmal, waren nicht möglich. Dennoch ließen sich weiterhin schnelle Bildabfolgen schneiden. Das Geschehen wirkte aber während der endlosen Materialschlachten übersichtlicher als bisher.

Als Action-Filmemacher ist es Michael Bay zusehends gelungen, hochkomplexe, dynamische Situationen auf der Leinwand zu orchestrieren. Doch von Film zu Film sind wesentliche Elemente eines unterhaltsamen Filmerlebnisses für die Zuschauer verlorengegangen. Logiklöcher, Charakter-Wirrwarr und Sinnleere strapazieren dessen Minimalanforderungen an die 90+ Minuten einer filmischen Auszeit. Popcorn-Filme dienen in erster Linie dieser Unterhaltung. Action-Filme sind dafür ein probates Mittel. Das heißt aber noch lange nicht, dass es nur um ein visuelles Spektakel auf Leinwand geht und auf eine Bindung zwischen Zuschauer, Plot und Charakteren verzichtet werden kann. Was wäre beispielsweise »Die Hard« (USA 1988), wenn John McClane nicht auf sich allein gestellt, keine Holly zusätzlich in Gefahr wäre und er zudem nicht an die physischen Leidensgrenzen gehen müsste, um Nakatomi Plaza freizuballern? Dies sind die Identifikationsangebote des Films, die dem Zuschauer den Zugang erleichtern und das Erlebnis ermöglichen. Der Zuschauer wird zum Protagonisten – und nimmt ebenfalls die Herausforderung an.

Die »Transformers«-Filme bieten nichts dergleichen. In diesen Belangen trumpft aber zumindest »Bad Boys« auf. Der Film ist von der ersten bis zur letzten Minute unterhaltsam, auch wenn manche Elemente durchaus absurd erscheinen. Doch für das, was der Film sein soll, trüben diese Absurditäten noch nicht das Filmerlebnis. In Story, Charakteren, Action, Spannung, Mark Mancinas großartigem Score und allem anderen wurde ein stimmungsvolles Gesamtprodukt der populären Erlebnis- und Unterhaltungskultur auf die Leinwand gebracht. Wenngleich auch vieles mit Stereotypen und Klischees behaftet ist, passt alles ungezwungener zusammen und erscheint weniger aufdringlich. Es sind eben die Dinge, die Michael Bay bei der Fortsetzung »Bad Boys 2« (USA 2003) bereits nicht mehr austariert hat. Im Erstling sind die einzelnen Schrauben aber noch so eingestellt, dass die Barrieren des Zuviel des einen und des Zuwenig des anderen nicht gesprengt werden. Der Popcorn-Film kann einfach die erwartete und bezweckte Wirkung entfalten.

Das, was Michael Bay anfangs noch geschickt anwendete und auch selbst definierte, spitzte er in den Folgefilmen nicht nur zu, sondern überspitzte es und führte es zunehmend ad absurdum. Die Filme erscheinen nicht inhaltlich episch, sondern bestehen nur aus einer Leere von epischen Ausmaßen. In der Quintessenz lässt sich über dessen filmographische Einträge wohl nur das sagen, was Meg Ryan gegenüber Tom Hanks in »You’ve Got Mail« (USA 1998) geäußert hat: »Sie sind doch bloss ein Anzug ohne Inhalt.«

Wenn es modern, actionreich, testosterongeladen, bleihaltig und dennoch unterhaltsam sein soll, dann fällt die Empfehlung auf das Gipfeltreffen von Vin Diesel und Dwayne Johnson: »Fast Five« (USA 2011). Denn hier stimmt der Geschmack des Popcorns – so sprechen auch die Kritiker. Und Michael Bay sieht sich mit einem illegitimen Nachfolger konfrontiert. Sein Name: Justin Lin.