Der Zimmermann #3:
Wes Carpenter‘s Letzter Schrei?

»Du redest ja schon, als seist du aus einem Wes-Carpenter-Film entsprungen.« – Wes Carpenter, das Beste zweier Horror-Regie-Ikonen. Das gibt es nur in »Scream« (USA 1996). Von Wes Craven wurden die vier Teile der Horror-Reihe inszeniert. John Carpenter wäre der ideale Nachfolger auf dem Regie-Stuhl – zumindest, wenn er sich dafür auch neu erfindet.

Vor zwei Jahrzehnten haben Regisseur Wes Craven und Drehbuch-Autor Kevin Williamson mit »Scream« (USA 1996) das damals eingeschlafene Horror-Slasher-Genre mit Charme und selbstreferentieller Ironie wiedererweckt und aufgemischt. Schnell wurden weitere Streifen produziert und populär: „Ich Weiss Was Du Letzten Sommer Getan Hast“ (USA 1997), „Düstere Legenden“ (USA 1998), „Halloween: H20“ (USA 1998) oder „Jason X“ (USA 2001). Die Fortsetzungen „Scream 2“ (USA 1997) und „Scream 3 (USA 2000) sind quasi eine Selbstverständlichkeit gewesen. Nur derjenige, der dieses Genre mit „Halloween“ (USA 1978) maßgeblich geprägt hat und in „Scream“ fleißig zitiert wird, hat sich aus dieser Phase herausgehalten und mit „Vampire“ (USA 1998) und „Ghosts Of Mars“ (USA 2001) ganz andere Einträge unter dem Stichwort Horror verfasst: John Carpenter. Irgendwann war aber auch die Wiederkehr des Slashers beendet und das Horror-Genre widmete sich wieder anderen Stoffen wie dem J-Horror-Remake oder dem Folter-Porno.

Wes Craven und Kevin Williamson kehrten ein Jahrzehnt nach Abschluss der Trilogie mit „Scream 4“ (USA 2011) zurück. Schlechte Einspielergebnisse ließen eine potentielle zweite Trilogie aber unwahrscheinlicher werden. Spätestens seit Wes Craven gestorben ist, scheint eine Fortsetzung ausgeschlossen zu sein. Dennoch: Gerüchte gibt es immer wieder – und genauso auch Vorstellungen davon, wer seine Nachfolge antreten könnte. Zuletzt stellte Trace Thurman von Bloody-Disgusting eine Liste von Regisseuren auf, die sich in den letzten Jahren einen Namen im Horror-Genre gemacht haben und die er sich für die Regie vorstellen kann. Nur einer fehlte, der von allen aber vielleicht der Prädestinierteste wäre: John Carpenter. Die Filme von Wes Craven und John Carpenter aus den 1970ern und 1980ern sind für das Horror-Genre wegweisend gewesen. Nicht zuletzt wurde im ersten Teil der Trilogie auch vom fiktiven Regisseur Wes Carpenter gesprochen, der für das Beste beider Welten steht. Und so wäre es äußerst passend, wenn kein geringerer als John Carpenter die Regie übernimmt. Unter Pseudonym, versteht sich. Als Wes Carpenter. Und mit ein paar Einschränkungen.

Das Pseudonym würde für die Vielschichtigkeit, Komplexität und die Meta-Ebenen der Film-Reihe stehen. Zudem würde damit auf surreale Art und Weise das geschehen, was Mickey in „Scream 2“ angesprochen hat: „Leben imitiert Kunst, die Leben imitiert.“ Die Filme der Reihe widersprechen aber auch dem Stil und der Machart von John Carpenter, der in seinem Erzählen geradlinig, zielstrebig und schnörkellos ist. Die Herausforderung wäre also, dies abzulegen und ein weiteres Manko seiner bisherigen Filme zu beseitigen: Sie deuten immer eine lebendige soziale Welt an, die aber nicht wirklich vorhanden ist. Stattdessen wirken die Charaktere immer etwas abgeschottet. Ein Wes Carpenter müsste hier nachbessern, denn die Lebendigkeit der Welt von „Scream“ ist zugleich ein Bezug zur Wirklichkeit – und der ist Grundlage für das Gefühl des Horrors. Daher wäre der klassische John Carpenter nicht unbedingt die erste Wahl als Regisseur. Lässt er sich aber als Wes Carpenter auf die enge Verknüpfung von Fiktion und Wirklichkeit ein, die die Serie kommentiert und persifliert, und erfindet er sich dabei als Regisseur neu, entfaltet er auch neues Potential für die Serie.

Das Geheimnis der Regie von „Scream“ ist wohl, sich im Genre einfach nur genussvoll austoben und Spaß haben zu wollen. Schaut John Carpenter also auch mal nach links und rechts und nicht nur stets geradeaus auf das Ziel, könnte er als Wes Carpenter mit „Scream 5“ einen neuen Horror-Meilenstein kreieren – ich wäre sofort im Kino.