Der Tatortreiniger – Season 7 (D 2018)

Gestatten: Schotte, Heiko Schotte. Tatortreiniger. – Schotty ist mit neuen, außergewöhnlichen und vielschichten Abenteuern zurück. Nur leider ist die siebente Staffel der Serie mit dem Tatortreiniger auch die letzte. Vier Folgen sind noch einmal der Feder von Autorin Ingrid „Mizzy Meyer“ Lausund und der Inszenierung von Regisseur Arne Feldhusen entsprungen – und diese sind wie gewohnt …

… hervorragend, vorzüglich, einmalig, kreativ, vielschichtig. DER TATORTREINIGER (D 2011-2018) ist eine außergewöhnliche und besondere Serie aus Deutschland. Das Konzept ist recht simpel, aber was sich inhaltlich in jeder Folge entfaltet ist eine Wucht. Das Geheimnis des Erfolges liegt im Tatortreiniger selbst: Schotty ist die Ein-Mann-Putzkolonne, die die Schauplätze bzw. Tatorte nach Unfällen, Verbrechen usw. porentief säubert und alle Spuren beseitigt. Das ist der Job. Das ist Ausgangspunkt einer jeden Folge. Schotty macht sich auf den Weg zum Tatort und ist einsatzbereit. Nur wird die Säuberung immer unterbrochen, denn Schotty trifft auf Leute und Situationen, die diskutiert werden müssen!

Diese Diskussionen führt Schotty immer aus einer unbedarften Jedermann-Perspektive. Schotty ist Spezialist für das Säubern von Tatorten – ein absoluter Profi. Darüber hinaus ist er aber einer der für Zuschauer wohl anschlussfähigsten Charaktere, die im fiktiven Bereich kreiert worden sind. Quasi Jedermann wird sich mit Schotty identifizieren können – und Schotty ist das Abbild von Jedermann. Das ist der ideale Querschnitt von Gesellschaft, den es in der Kunst wohl nur selten gibt.

In den vier neuen Folgen kommt Schotty zunächst in eine Galerie und diskutiert mit der Galeristin über Kunst – und die scheinbar absurden Unterschiede zwischen künstlerischer, kuratorischer, sachverständiger, interessierter und unbedarfter Perspektive. Schotty bringt schlichtweg etwas grundsätzliches mit ins Spiel: Ein Empfinden, etwa für Schönheit. Das macht Schotty anschlussfähig, denn dieses Empfinden ist bei Jedermann vorhanden. Es ist die Brille, die man immer trägt. Und diese Brille ist bei Schotty durch keinen anderen Aufsatz wie bei einem Spezialisten verdeckt. Das macht Schotty zum kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Charakter und Zuschauer. Deshalb folgen wir Schotty auch gebannt und gespannt auf seinen Touren und bei seinen neuen Entdeckungen. Verständnis. Unverständnis. Missverständnis. Zuschauer und Charakter teilen auf wunderbare Art und Weise eine Perspektive. Das macht es umso spannender, aber auch beklemmender, wenn Schotty in einer anderen Folge auf einen jungen Mann im Wachkoma trifft, mit dem er zufällig in dessen Kopf ins Gespräch kommt und überlegt, welche normale Mensch sich denn bereitwillig am freien Sonntag hinsetzt und sich sagt, so, jetzt schreibe ich mal meine Patienten-Verfügung. Die Folge führt Schotty und damit die Zuschauer wieder an ein Thema heran, dass normalerweise IN WEITER FERNE SO NAH (D 1994) ist, denn wir nehmen jeden Tag und jeden Augenblick als selbstverständlich hin – nur was ist, wenn es sich von einem Moment zum anderen ändert?!

In der Serie werden immer wieder gesellschaftliche und kulturelle Themen vielschichtig diskutiert und für Jedermann zugänglich gemacht – oder, wie im Gespräch mit seinen Freunden, einfach mal darüber gesprochen, ob die anspruchsvolle Auseinandersetzung mit Filzgleitern den Drang des inneren Rebellen, der man in der Jugend gewesen sein wollte, unterdrückt. Eine Besonderheit der Serie ist, dass manche dargestellte Lösungen nicht das Nonplusultra an Lösung sind, sondern schlichtweg wie spontane Entscheidungen, die nicht weiter hinterfragt oder diskutiert werden. Die Folge wird nur zum Abschluss gebracht und dem Zuschauer keine Wertung aufgezwungen. Die einunddreißigste und letzte Folge der Serie zieht sich dementsprechend auch galant aus der Affäre und bewahrt damit den Stil der Serie – ein hervorragender Abschluss, in dem es auf kuriose Art und Weise viele Wiedersehen mit Charakteren aus den Folgen gibt. Diese letzte Folge begibt sich auf eine Meta-Ebene und deren Ende wirkt, wenn man genau darauf achtet, sogar wie ein Zwiegespräch zwischen der Autorin aller Folgen, Ingrid „Mizzy Meyer“ Lausund, und Schotty, den sie damit in den Serien-Ruhestand schickt.

Schade, dass die Serie endet – gut, dass die Serie endet. Danke für wunderbare Geschichten, Abenteuer, Ansichten und Einsichten, die in einunddreißig Folgen mit uns Zuschauern geteilt wurden. Blickt man auf die gesamte Serie, lässt sich nur schlecht erfassen, wieviel Mühe und Leidenschaft im Verfassen der Drehbücher durch nur eine Autorin stecken muss. Es erscheint aber absolut fair, wenn sie entscheidet, wann der Schlussstrich gezogen werden sollte. Das Ende ist nun erreicht, aber der Tatort bleibt erhalten, die Serie wird nicht hinweggesäubert – sie lädt uns stattdessen immer wieder zu einem wiederholten Besuch ein.

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