Living Room Songs W/ Tina Dico

Tour-Auftakt und Premiere in Rostock: Zum ersten Mal hat die dänische Sängerin Tina Dico am 19. April 2016 auf der Bühne des Volkstheaters gestanden. Über die Suche nach Worten für ein Erlebnis, das sich zwar unaufhaltsam in das Gedächtnis brennt, aber nur schwer beschreiben lassen will – denn ist nicht unausgesprochen schon längst alles gesagt?!

Wer hätte gedacht, dass Tina Dico, Helgi Jonsson und Marianne Lewandowski während einer der regelmäßigen Deutschland-Touren auch einmal in Rostock auf der Bühne stehen würden? Der Dank dafür kann nur an die findigen Leute im Hintergrund gehen, die die Künstler gebucht haben. Wie sie wohl auf Tina Dico aufmerksam geworden sind? Vielleicht genauso, wie eine Freundin, die sie vor langer Zeit mit dem Song »Count To Ten« bei »Ina’s Nacht« entdeckt und auch mich sofort damit angesteckt hat. Tina Dico, das bedeutet Herz, Leidenschaft, Charme, Demut und die außergewöhnliche Fähigkeit, in Spiel und Gesang eines Songs eine Geschichte zu erzählen, die die Vielfalt der Welt ergründet, ohne aber zu viele Worte darüber verlieren zu müssen. Genau das scheint es auch alles zu sein, was das Publikum im Volkstheater beeindruckt hat.

Der Saal ist dunkel, die Bühne dezent beleuchtet. Der Spot liegt auf Tina Dico, die zunächst allein auf die Bühne kommt, um den ersten Song des Abends zu spielen. Erst danach wird sie von Helgi Jonsson und Marianne Lewandowski an Klavier, Posaune, Schlagzeug und im Gesang unterstützt. In kurzen Anekdoten gibt sie immer wieder auch einen Einblick in die Zeit der Entstehung der Songs. Einen davon schrieb sie zu einer Zeit, in der sie ungern alleine sein wollte und abends immer etwas los sein musste. Und nun, vielleicht zehn Jahre später, freut sie sich über einen ruhigen Abend und die Zeit, die sie für sich haben kann. Deshalb singt sie auch, dass die Dinge kommen und gehen, aber was immer bleibt, das ist die Musik, das sind die Lieder – eben das, was sie unendlich zu lieben scheint.

Tina Dico scheint eine einmalige innere Leichtigkeit und Unbeschwertheit in sich zu tragen. Als Zuschauer lässt man sich davon schnell einfangen. Die Dänin lässt einem den Atem stocken, denn in der Leidenschaft wirkt sie so, als müsste nichts mehr hinterfragt werden. Alles ist in Ordnung, so, wie es ist. Diese Gewissheit, die sie ausstrahlt, fühlt sich einfach zu gut an – und das ist geradezu überwältigend. Ohne Helgi Jonsson und Marianne Lewandowski an der Seite, die die Aufmerksamkeit der Zuschauer gekonnt ablenken, würde man wohl nur noch 400 heftig pochende und zerspringende Herzen im Publikum hören. Während Tina Dico das Instrument stimmt, nutzt Helgi Jonsson die, wie er meint, wenigen Gelegenheiten, in denen sie auf der Bühne nichts sagt, um mal wieder Deutsch zu sprechen. »Und was passiert? Nichts passiert. Gar nichts.« In seiner entspannten und charmanten Art verschafft er so den laut klopfenden Herzen eine wohltuende Verschnaufpause.

Ein Konzert wie dieses darf gerne endlos sein. Tina Dico’s Art und die Symbiose mit den anderen Künstlern – und erst recht der Musik – sorgen für eine ganz besondere Stimmung: Aus einem Konzert mit Künstlern, Publikum, Bühne und Saal wird vielmehr ein intimer Abend mit Freunden, bei dem die Leidenschaft für das Musische ausgelebt und das Publikum auf eine phantastische Reise mitgenommen wird. Ein wenig erinnert es an die Idee der »Living Room Songs«, die von Helgi Jonsson’s isländischem Landsmann Ólafur Arnalds sind. Gemeinsam musizieren, gemeinsam genießen – alles im Wohnzimmer.

Die Freundin, die Tina Dico damals entdeckt hat, ist bereits das sechste Mal bei einem Konzert der Sängerin und meint, dass es das bisher Beste ist. Das Rostocker Publikum zeigt sich ebenso begeistert – nicht zuletzt auch die Dame, die an diesem Abend beim Konzert den 93. Geburtstag feiert. Die Suche nach Worten zur Beschreibung ist schwer. Dennoch: Das Konzert ist wie ein freundschaftliches Geben und Nehmen zwischen Künstlern und Publikum. Ein Erlebnis, das in der Erinnerung weiterlebt.