Star Wars – Episode $$$ – Die Rückkehr Der Kino(Über)Macht

Bester Film 2015? Nein. »Wir Sind Jung. Wir Sind Stark.« (D 2015) bleibt unangefochten. Bestes Kino-Erlebnis 2015? Nein. »Mad Max: Fury Road« (USA 2015) führt mit großem Abstand. Zwar bricht »Das Erwachen Der Macht« (USA 2015) derzeit alle Rekorde, aber nicht alles ist so selbstverständlich, wie es für das jüngste Kind der Saga zu sein scheint …

Blockbuster-Kino, dafür steht bereits seit den 1970ern »Star Wars« – und das selbst mit der Vorläufer-Trilogie, von der niemand wirklich sprechen will. Die ersten drei Filme haben einen der größten Film-Schurken hervorgebracht, Darth Vader. Die drei Vorläufer sollten erzählen, was den Mann, der vorher Anakin Skywalker war, zur dunklen Seite der Macht getrieben hat. Nur wusste man bereits vorher, was geschehen würde. Bisher hat nur Pixars »Die Monster Uni« (USA 2013) es geschafft, einen Vorläufer zu drehen, der so viel neues, unerwartetes und nicht vorhersehbares geliefert hat, dass man nicht dem Prequel-Problem erlegen ist.

Die neue Episode von »Star Wars« erzählt nun weiter, was lange nach dem Niedergang des Imperiums in einer weit entfernten Galaxis passiert, welche neue Ordnung besteht und welche (finsteren) Mächte in neuen Antagonisten und Protagonisten lauern und erst langsam zur Entfaltung kommen. Die Herausforderungen waren für das Team von Regisseur J.J. Abrams groß, um das alles mit einem Film zu schaffen – es ist leichter gesagt als getan. Nach über drei Jahrzehnten mussten neue Charaktere und Elemente erdacht werden, die nicht wie ein Abklatsch der vergangenen Filme wirken durften und diese auch noch übertreffen. Lässt sich allerdings einfach so ein neuer Bösewicht vom Kaliber eines Darth Vader kreieren? Nicht wirklich. Allerdings kommt Keylo Ren dem äußerst nahe … und dessen Reise zur dunklen Seite der Macht ist noch nicht zu Ende … und wird deutlich spannender als das, was George Lucas über Anakin Skywalker in den Vorläufern erzählt hat.

Selbst der berühmt-berüchtigte »Todesstern« wurde nicht einfach nur aufgewärmt, sondern hat als »Starkiller-Basis«, die gesamte Sonnensysteme vernichten kann, ein gewaltiges Upgrade erfahren, das sich harmonisch in das Gefüge aller Episoden einreiht. Nicht zuletzt gibt es aber auch sympathische neue Protagonisten, mit denen man gerne weitere Episoden erleben möchte. Finn, ein Abtrünniger der Sturmtruppen, und Rey, eine Schrottsammlerin, die die Macht langsam in sich zu spüren beginnt, geben dem Film den wichtigen Impuls für eine neue, junge Generation an Zuschauern. Hervorstechend ist allerdings BB-8, der noch sympathischer und charmanter ist, als es R2-D2 jemals war. Ein rollender Ball, der nur aus Schaltkreisen besteht, über keine Mimik verfügt, aber imstande ist, mehr Emotionen zum Ausdruck zu bringen, als manch anderer menschlicher Darsteller.

Die Reisen zu den Sternen per »Star Trek« sind mir immer lieber gewesen als die Kriege zwischen den Sternen, von denen »Star Wars« erzählt. Inhaltlich haben sie mir mehr gegeben und mich zum Nachdenken angeregt. Die Abenteuer von Luke Skywalker, Prinzessin Leia und Han Solo haben das nie wirklich geschafft. Und hier liegt das eigentliche Problem von »Star Wars«, denn die Filme erzählen keine in sich abgeschlossenen Geschichten, sondern sind, wie es die Titel versprechen, eben nur Episoden, die Einblicke in dieses Universum geben, in dem immer wieder etwas (neues) hinzukommt. Genau so fühlt sich auch »Das Erwachen Der Macht« an. Einerseits werden spannende neue Charaktere eingeführt, eine Suche beginnt und eine neue Gefahr lauert darauf, aus dem Schatten hervorzutreten. Die Rebellion ist noch zugegen, statt des Imperiums gibt es nun die »Erste Ordnung« und der Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen der hellen und dunklen Seite der Macht, ist noch nicht abgeschlossen. Andererseits bietet die Episode damit nur einmal mehr viele Momentaufnahmen an, die lediglich die neue Trilogie etablieren. Vieles wird angedeutet, findet aber (noch) keine Antworten oder einen Abschluss. Schließlich brauchen auch die nächsten beiden Episoden diesen überraschenden Ich-Bin-Dein-Vater-Moment.

Und trotz der Andeutungen und damit verbundenen Lücken ist und bleibt der Film ein spannendes Kino-Erlebnis, das hervorragende Unterhaltung bietet, wie es bei einem Blockbuster sein sollte. Nostalgiker als auch Saga-Neuankömmlinge können gleichermaßen zufrieden sein. Die immer wieder wunderbar eingeflochtenen Gags und Sprüche lassen die Charaktere noch natürlicher wirken und tragen zur idealen kurzweiligen Wirkung des Films bei. Regisseur J.J. Abrams hat bereits mit »Star Trek« (USA 2009) und »Star Trek Into Darkness« (USA 2013) Gene Roddenberry’s Utopie für das Kino erfolgreich wiederbelebt, bevor er auf dem Regiestuhl für »Das Erwachen Der Macht« Platz nahm. Im Vergleich der Filme zeigt sich eine großartige Weiterentwicklung bei diesem Steven Spielberg einer neuen Generation. Die beiden Filme mit Captain Kirk und seiner Crew sind schnell, actiongeladen und mit vielen computergenerierten Effekten versehen. Von Anfang an wirkten sie aber, als sollten sie eine Symbiose aus »Star Trek« und »Star Wars« sein – eben das Beste beider Welten. Wollte J.J. Abrams vielleicht schon immer lieber »Star Wars« statt »Star Trek« inszenieren? Zumindest lassen sich die beiden Filme als perfekte initiative Bewerbung auf den Regieposten ansehen, denn er schien danach als Regisseur für »Star Wars« prädestiniert zu sein. Und so entstand nun ein nicht minder actiongeladener, aber sehr viel ruhigerer Film, der vor allem auch mit praktischen statt nur mit computergenerierten Effekten die Illusion einer weit entfernten Galaxis hervorbringt. Das Blatt war auf der Hand und alle Karten wurden richtig ausspielt.

Wer hätte gedacht, dass Disney es schafft, die Reihe dermaßen gelungen fortzusetzen, aber gleichzeitig auch neu zu starten? Ohne entsprechenden Einsatz wäre es aber auch nicht gegangen, wenn man bereit ist, über 4 Milliarden Dollar für die Rechte daran zu zahlen. Ausgezahlt hat sich diese Investition bereits, denn es zeigt sich nach wie vor, wie populär die Marke »Star Wars« ist. Die bisherigen Rekorde an den globalen Kino-Kassen fallen seit dem ersten Tag der Veröffentlichung wie die Fliegen. James Cameron’s »Avatar« (USA 2009) muss sich warm anziehen, denn die neue Episode ist wie eine ›dunkle Bedrohung‹, wenn es um den Titel des weltweit erfolgreichsten Films aller Zeiten geht. Der Titel des Films – zunächst war »Schatten Des Imperiums« im Gespräch – ist entweder geradezu prophetisch, oder er steckt voller Überzeugung und Selbstsicherheit des Studios und der Filmemacher, dass die Marke »Star Wars« eine sichere Sache ist und diese unaufhaltsame Macht auch nach langer Pause an der Kino-Kasse erneut erwachen würde. In diesem Sinne gilt derzeit: W.Z.B.W. Nun bleibt abzuwarten, wie es mit der Non-Episode »Star Wars Anthology – Rogue One« (USA 2016) von Gareth Edwards und »Star Wars – Episode VIII« (USA 2017) von Rian Johnson sowie »Star Wars – Episode IX« (USA 2019) von Colin Trevorrow weitergehen wird.