William Shatner & David Fisher: Leonard (USA 2016)

“Faszinierend.” – Dieses Wort aus dem Mund von Mr. Spock in STAR TREK (USA 1966-1969) hat einiges an Gewicht, denn leichtfertig wurde es von dem Vulkanier nie ausgesprochen. Unerwartete, außergewöhnliche Dinge, die eventuell sogar außerhalb der Logik von Mr. Spock gelegen haben, wurden mit dieser Bemerkung bedacht. Der Schauspieler Leonard Nimoy, der Mr. Spock verkörpert hat, ist am 27.02.2015 verstorben. Von seinem Captain auf der USS Enterpreise, James T. Kirk, und gleichzeitig seinem Freund außerhalb der Serie, William Shatner, folgte ein Buch, dass sich ebenfalls nur so beschreiben lässt: “Faszinierend.”

In LEONARD – MY FIFTY-YEAR FRIENDSHIP WITH A REMARKABLE MAN (USA 2016) geht William Shatner – nicht zu vergessen auch sein Co-Autor David Fisher – auf eine Vielzahl an Ereignissen im Leben von Leonard Nimoy, aber auch seinem eigenen ein. Ohne den Fokus auf Leonard Nimoy zu verlieren, kommen beide Menschen gleichermaßen zum Zug, denn so unterschiedlich sie auch gewesen sein mögen, so viele Parallelen gibt es auch zwischen beiden und so sehr sind beide Leben auch über fünf Jahrzehnte hinweg miteinander verbunden gewesen.

William Shatner geht ausführlich auf die Herkünfte beider ein, wie sie aufgewachsen sind, sich eigene Lebenswege und Existenzen versucht haben aufzubauen und sie dies zu Schauspiel, Bühne und Fernsehen geführt hat, wo sie sich bereits – ungeahnt – vor den Rollen als Captain James T. Kirk und Mr. Spock in einer anderen Serie bereits über den Weg laufen sollten. Dieses Buch ist aber weitaus mehr als zwei Biographien in einer. William Shatner gibt Einblicke in zwei vielschichtige und faszinierende Menschen, aber darüber hinaus auch in die amerikanische Gesellschaft zu verschiedenen Zeitpunkten, Science-Fiction im Allgemeinen und STAR TREK (USA 1966-1969) als Serie, aber auch als Phänomen im Besonderen, die TV- und Film-Branche, das Wesen von Schauspielern, deren Bedeutung für Fans und wie sich diese Systeme im Laufe der Jahrzehnte gewandelt haben.

William Shatner beschreibt alles äußerst hinterfragend und reflexiv – vor allem aber auch selbstkritisch. Besonders spannend und zugleich traurig ist es, wenn es um die Freundschaften zwischen beiden geht, denn William Shatner beschreibt deutlich, dass der Captain und sein Erster Offizier zwar im Fernsehen die besten Freunde gewesen sind, dies aber keinesfalls auf die beiden Schauspieler zugetroffen hat – vielmehr haben die beiden aufgrund verschiedener Umstände, die in deren unterschiedlichen Charakteren und Taten begründet waren, manchmal gar nicht mehr miteinander gesprochen. Wie William Shatner meint, hat sich die Freundschaft erst entwickelt, als die beiden in den 1970ern auf den größer werdenden Fan-Conventions zusammengekommen sind. Die Zukunft hat beide immer weiter zusammenwachsen lassen. Daher erscheint es umso erstaunlicher und trauriger, dass die beiden in den letzten Jahren vor dem Tod von Leonard Nimoy nicht mehr miteinander gesprochen haben, sich aber bei gemeinsamen Freunden immer wieder erkundigt haben, wie es dem anderen wohl geht. William Shatner zeichnet das Bild zweier schwieriger Menschen, die trotz aller Unwahrscheinlichkeit in einer – ebenso schwierigen – Freundschaft zusammengefunden haben und sich gegenseitig immer wieder Freude, aber auch Leid bereitet haben. Bedauerlich ist nur, dass mit dem Tod von Leonard Nimoy am Ende das Schweigen zwischen beiden nicht mehr aus dem Weg geräumt werden konnte.

Das Buch von William Shatner ist, wie Mr. Spock sagen müsste, faszinierend. Es ist thematisch äußerst vielschichtig und darüber hinaus, so fühlt es sich zumindest an, schonungslos in der Sicht auf diese beiden Menschen und deren Schwierigkeiten im Leben und in der Freundschaft. Wer an spannenden Menschen, gesellschaftlichen Themen, Zuständen und Entwicklungen, Schauspielerei, Theater, Fernsehen, Film, Musik, Literatur – schlichtweg an Kunst – interessiert ist, findet hier die richtige, eindringliche, aber auch kurzweilige Lektüre. Ein Buch, das eigentlich jedem empfohlen werden kann, denn eines ist gewiss: Das Buch ist nicht nur etwas für Trekkies!

5 out of 5 stars